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Vitamin-D-Mangel und Zähne: Warum wir das Sonnenvitamin brauchen
06.01.2023Wer nicht genug Sonne abbekommt, läuft Gefahr, einen Vitamin-D-Mangel zu entwickeln. Der wirkt sich nicht nur auf Bewegungsapparat und Immunsystem negativ aus, sondern auch auf unsere Zähne. Wie Vitamin-D-Mangel mit Karies und Parodontitis zusammenhängt und wer besonders aufpassen muss.
Wofür brauchen die Zähne Vitamin D?
Vitamin D spielt eine wichtige Rolle im Knochenstoffwechsel: Es fördert die Einlagerung von Kalzium und Phosphat in den Knochen und macht ihn damit härter. Indem es die Kalziumaufnahme im Darm reguliert, hält es den Kalziumspiegel im Körper konstant. Darüber hinaus unterstützt es unter anderem den Muskelaufbau, reguliert die Reifung von Zellen und moduliert das Immunsystem. Was viele nicht wissen: Auch für die Zahn- und Mundgesundheit spielt Vitamin D eine wichtige Rolle. Sowohl Karies als auch Parodontitis – die beiden häufigsten Zahnerkrankungen weltweit – können mit einem Vitamin-D-Mangel zusammenhängen. Und auch bei einer kieferorthopädischen Behandlung braucht der Körper Vitamin D.
Vitamin D und Karies
Zähne sind ähnlich wie Knochen mineralisierte Organe. Auch in die Zahnsubstanz müssen Kalzium und andere Mineralstoffe eingebaut werden. Ist dieser Mineralisierungsprozess gestört, können die Zähne sich nicht gesund entwickeln. Ein Vitamin-D-Mangel in der Kindheit kann zu Zahndefekten führen, die die Zähne brüchig und anfällig für Karies machen. Fehlt Vitamin D in der Schwangerschaft, wirkt sich das ebenfalls negativ auf die Entwicklung der Zähne des Kindes aus.
Aber auch Erwachsene brauchen Vitamin D für ihre Zähne. Warum? Karies entsteht zwar in erster Linie durch falsche Ernährung und mangelhafte Zahnpflege, aber auch andere Faktoren spielen eine Rolle. Nicht jeder Mensch ist gleich anfällig für Karies. Es gibt Hinweise darauf, dass ein niedriger Vitamin-D-Spiegel die Entstehung von Karies sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen begünstigt. Die genauen Zusammenhänge sind allerdings noch nicht geklärt. Auch das Immunsystem wird durch Vitamin D beeinflusst. Es scheint so, dass Vitamin D unterstützend auf die Bekämpfung von Kariesbakterien wirkt und so Karies verhindern hilft. Eine Theorie besagt, dass Vitamin D die Bildung sogenannter antimikrobieller Peptide fördert, die wiederum Kariesbakterien entgegenwirken. Auch hier muss aber noch weiter geforscht werden.
Vitamin D und Parodontitis
Parodontitis ist neben Karies eine der häufigsten Zahnerkrankungen. Verursacht wird sie hauptsächlich von bakteriellem Zahnbelag. Das Immunsystem greift bei dem Versuch, die Bakterien in Schach zu halten, auf Dauer den Zahnhalteapparat an. Unbehandelt können sich Zähne lockern und sogar ausfallen. Aber auch bei der Parodontitis spielen neben den verursachenden Zahnbelägen und der mangelhaften Zahnhygiene noch andere Faktoren in das Krankheitsgeschehen mit hinein. Unter anderem wird in der Parodontologie seit langem darüber diskutiert, welche Rolle die Ernährung spielt. Inzwischen sind sich Experten relativ einig darüber, dass auch niedrige Vitamin-D-Spiegel die Entstehung und das Fortschreiten einer Parodontitis begünstigen. Zum einen wirkt Vitamin D dem Entzündungsgeschehen im Mund entgegen. Zum anderen hilft es bei der Mineralisierung des Zahnhalteapparats und des Kieferknochens.
Vitamin D und Kieferorthopädie
Auch bei einer kieferorthopädischen Behandlung scheint der Vitamin-D-Status wichtig zu sein. Um zu verstehen, warum, muss man sich vor Augen führen, dass die Zahnwurzeln von Kieferknochen umgeben sind. Knochen ist jedoch kein lebloses Gewebe, sondern unterliegt ständigen Erneuerungsprozessen. Diese Prozesse ermöglichen bei einer Zahnspangenbehandlung die Zahnbewegungen: Auf der einen Seite wird Knochensubstanz ab-, auf der anderen aufgebaut. Vitamin D unterstützt diese Umbauprozesse und beschleunigt so die Zahnbewegungen. Umgekehrt kann ein Vitamin-D-Mangel die Zahnbewegungen verlangsamen. Das konnten Forscher zumindest im Tiermodell beobachten. Ob Vitamin D diesen Effekt auch beim Menschen hat, muss aber erst noch durch Studien belegt werden.
Ist es sinnvoll, Vitamin D einzunehmen?
Vitamin D kommt nur in sehr wenigen Nahrungsmitteln in größeren Mengen vor – vor allem in fettem Fisch und Lebertran. Vitamin D in ausreichender Menge über die Nahrung zuzuführen ist deshalb schwierig. Mithilfe von Sonnenlicht kann es vom Körper aber auch selbst hergestellt werden. Wer jeden Tag ausreichend Zeit in der Sonne verbringt, kann in der Haut genug Vitamin D bilden. Trotzdem haben etwa 15 Prozent der Deutschen einen manifesten Vitamin-D-Mangel (Serumspiegel unter 12 ng/ml). Weitere 60 Prozent haben einen grenzwertigen Vitamin-D-Spiegel (12 bis 20 ng/ml). Möglicherweise würde also über die Hälfte der Deutschen langfristig davon profitieren, wenn sie ein Vitamin-D-Präparat einnehmen würden.
Aber Vorsicht: Gesunde Menschen mit ausreichend Vitamin D im Körper profitieren nicht davon, wenn sie sich noch mehr Vitamin D zuführen. Deshalb sollte man hochdosierte Vitamin-D-Präparate nicht ohne Rücksprache mit einem Arzt einnehmen.
Folgende Personengruppen sind besonders gefährdet, einen Vitamin-D-Mangel zu entwickeln:
- Menschen, die kaum nach draußen gehen (z. B. chronisch Kranke und Pflegebedürftige)
- Menschen, die ihren Körper aus kulturellen oder religiösen Gründen komplett bedecken
- dunkelhäutige Menschen (bei ihnen dringt weniger UV-Strahlung durch die Haut)
- Senioren (im Alter ist die Vitamin-D-Bildung verlangsamt)
- Babys (sollten generell vor Sonne geschützt werden)
Babys bekommen zur Rachitis-Prophylaxe ab der ersten Lebenswoche bis zum zweiten erlebten Frühsommer eine Vitamin-D-Tablette oder Vitamin-D-Öl. Bewährt hat sich die Kombination mit Fluorid, das für die Gesundheit der Zähne ebenfalls kritisch ist.
Studien weisen darauf hin, dass die Einnahme von Vitamin D in der Schwangerschaft Zahnschmelzdefekten beim Kind vorbeugen kann. Frauen, die eine Schwangerschaft planen, sollten am besten bereits vor der Empfängnis den Vitamin-D-Spiegel überprüfen lassen und gegebenenfalls ein Vitamin-D-Präparat einnehmen. Das Gleiche gilt für Schwangerschaft und Stillzeit.
FAZIT: Kein Allheilmittel, aber definitiv wichtig für die Mund- und Zahngesundheit
Vitamin D ist an vielen Vorgängen im Körper beteiligt. Immer wieder liest man Meldungen über Studien, die Vitamin D eine positive Wirkung bei den verschiedensten Krankheiten nachsagen, bis hin zu Krebs. Von einigen – nicht seriösen – Akteuren wird es sogar pauschal als Wunder- und Allheilmittel empfohlen, teilweise in schwindelerregenden Dosen. Hier ist Vorsicht gefragt.
Auch beim Thema Vitamin D und Zähne muss noch viel geforscht werden. Um konkrete Einnahmeempfehlungen geben zu können, braucht es vor allem klinische Studien. Dass Vitamin D eine wichtige Rolle für die Mund- und Zahngesundheit spielt, ist inzwischen aber wissenschaftlicher Konsens. Ein Blick auf den Vitamin-D-Status lohnt sich also auch aus Zahn-arzt- und Kieferorthopädensicht – insbesondere vor Beginn einer Karies-, Parodontitis- oder kieferorthopädischen Behandlung.
QUELLEN:
- Skrobot A, Demkow U, Wachowska M. Immunomodulatory Role of Vitamin D: A Review. Adv Exp Med Biol. 2018;1108:13-23.
- Gao W, Tang H, Wang D, Zhou X, Song Y, Wang Z. Effect of short-term vitamin D supplementation after nonsurgical periodontal treatment: A randomized, double-masked, placebo-controlled clinical trial. J Periodontal Res. 2020 Jun;55(3):354-362.
- Küchler EC, Schröder A, Teodoro VB, Nazet U, Scariot R, Spanier G, Proff P, Kirschneck C. The role of 25-hydroxyvitamin-D3 and vitamin D receptor gene in human periodontal ligament fibroblasts as response to orthodontic compressive strain: an in vitro study. BMC Oral Health. 2021 Aug 6;21(1):386.
- Fulton A, Amlani M, Parekh S. Oral manifestations of vitamin D deficiency in children. Br Dent J. 2020 Apr;228(7):515-518. doi: 10.1038/s41415-020-1424-y. PMID: 32277206.
- Dragonas P, El-Sioufi I, Bobetsis YA, Madianos PN. Association of Vitamin D With Periodontal Disease: A Narrative Review. Oral Health Prev Dent. 2020;18(1):103-114.
- Referenzwerte der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für Vitamin D
- Gemeinsame Expertenkommission zur Einstufung von Stoffen. Stellungnahme zu Vitamin-D-haltigen Produkten (01/2016) Revision 1.1 (2017)